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Die lieben Nachbarn

 

Hühnerhaltung im eigenen Garten...

...für viele Menschen auf dem Land ein Traum, der leider oftmals unerfüllt bleibt. Wir haben Glück. Wir wohnen in einem Bundesland, welches eher landwirtschaftlich geprägt ist. Ob nun Wein-, Gemüseanbau, Streuobstwiesen oder Viehbetriebe, überall ist man eher ländlich unterwegs.

Allein in unserem Ort gibt es unzählige Hühnerhalter, die das liebe Federvieh nicht in Kleintierzuchtanlagen halten, sondern im eigenen Garten, hinter dem Haus, mitten im Ort. Hühnerhaltung ist bei uns somit "ortsüblich".

 

Doch bevor wir unsere Hühner abgeholt haben, gerade auch wegen des Hahns, haben wir dennoch ein paar Gesetzestexte und Urteile gewälzt, damit wir grob wissen, was man darf und was man lieber bleiben lassen sollte. Hühner an sich sind gar kein Problem, solange wir uns nicht mehr als 20 davon anschaffen. Mit 5-6 Stück also kein Problem, denn Hühner zählen zu den Kleintieren, und deren Haltung ist per se nicht einfach so zu verbieten.

 

Soweit so gut. Das Problemkind ist- wie immer- der Hahn. Zu unserem bin ich ein wenig gekommen wie die Jungfrau zum Kinde, habe mich überreden lassen. Nun ist er eben da, unser Hahn, der Franz. Den nächsten Nachbarn meine Dummheit zu beichten fühlte sich an wie der berühmte Gang nach Canossa. Das Leben des wunderschönen Tieres hing von deren Zustimmung oder Ablehnung ab. Hopp oder Topp, Daumen hoch, oder runter.

 

Ich drückte den Klingelknopf, die Tür öffnete, ich klagte mein Leid. Bereits die Ersten erklärten, dass die Vorbesitzerin unseres Hauses immer schon einen Hahn und ein paar Hühner hatte, alles kein Problem. Mir standen Freudentränen in den Augen. Die nächsten Nachbarn wähnten sich in Kindheitserinnerungen, man freue sich endlich wieder das Krähen eines Hahnes zu hören, schließlich ist man auf einem Hühnerhof aufgewachsen (BITTE??? DAS erfährt man nach 8 Jahren Nachbarschaft??). Die nächsten Nachbarn, mit russischen Wurzeln, scheuchten mich netterweise aus der Einfahrt. Ich soll wiederkommen, wenn ich richtige Probleme hätte. Danke, dass wertete ich als "Ja".

 

Soweit so gut. Nun standen nur noch die Nachbarn hinter unserem Haus auf meiner Liste. Älteres Ehepaar, der Rasen auf exakt 4mm getrimmt. Nein, solange man die Hühner nicht morgens um 5h raus läßt und man deshalb aus dem Bett geworfen wird, sollte das kein Problem sein. Kein Problem, dachte ich mir, laut Gesetzt, dürfen sie vor 7h eh nicht raus. Innerlich lasse ich Sektkorken knallen, weiß aber, dass trotzdem die Zeit gegen unseren Hahn spielt. Der Sommer wird kommen, die Temperaturen werden ansteigen, die Luftfeuchtigkeit auch. Der Stall wird ohne geöffnete Fenster zu einer Sauna werden. Keine Option, also müssen wir uns überlegen, wie wir den Stall klimatisieren können. Unser "Franz" ist deshalb morgens so leise, weil er in einem doppelwandigen Hühnerstall nächtigt, alles zu, bis auf die Lüftung. Bei frischen Temperaturen kein Problem, im Sommer schon. Pläne für eine Art Lüftungsanlage nehmen Gestalt an, wie ich meinen Mann kenne, wird das schneller umgesetzt, als gedacht. Zum Glück haben wir eine örtliche Ausweichmöglichkeit. Hierfür bräuchte es zwar einen weiteren Stall, einen gesicherten Auslauf und die Fütterung etc. wird nicht mehr ganz so leicht zu bewerkstelligen sein, wie im eigenen Garten. Aber was würden wir nicht alles tun, um dem Franz den Weg nach Sibirien zu ersparen?

 

Unsere Sorgen gilt auch nicht unbedingt der direkten Nachbarschaft, eine Generation von Kriegs- und Nachkriegskindern, aufgewachsen mit der Landwirtschaft. Unsere Sorgen sind die Städter, die das Land, die Landwirtschaft, die Gerüche, die Arbeit nicht kennen, die auf's Land wollen, aber ohne das, was dazugehört, was das Land ausmacht! Wir wünschen uns, dass uns die Generation erhalten bleibt, die es noch kennen und schätzen, das Gemüse bzw. Obst aus dem eigenen Garten, die frischen Eier, die kleinen Küken, die Glucke und den stolzen Hahn auf dem Misthaufen. Natürlich aber einer, der nie kräht, sondern nur schön aussieht.

 

Vielleicht haben wir hier Glück und Franz darf ab und an dann doch noch krähen und schön aussehen- DAS allerdings hängt leider nicht an uns, dass zu entscheiden, sondern an den Nachbarn, denn ein Hahn kann laut Gesetz eine Lärmbelästigung darstellen, die mit einer Wertminderung eines Grundstückes einhergehen kann. Unglaublich aber wahr!

 

Fazit: Solange uns die Nachbarn wohl gewogen sind, darf der Franzl bleiben. Alles andere liegt nicht in unserer Hand. Die Konsequenzen kann der arme Kerl nicht erahnen, er tut, was ein Hahn tun muss. Und auch wir werden tun müssen, was getan werden muss, um des lieben Nachbarfriedens Willen. Bis dahin erfreuen wir uns an unserem Gockel, dem Franz, der weiterhin kräht und schick aussieht.